
Bildgestaltung auf Reisen ist kein Hexenwerk
Eine gute Bildgestaltung fällt auf, oft einfach unbemerkt im Unterbewusstsein. Es gibt immer wieder Fotos, die aus der Masse heraus ragen, die einem besonders gut gefallen. Das liegt oft an dem tollen Licht im Bild oder am besonderen Motiv, welches zu sehen ist.
Fast immer haben diese Bilder aber auch eine tolle Bildgestaltung als Grundlage. Für die Bildgestaltung gibt es eine ganze Reihe von Regeln, die man beachten sollte. Die wichtigsten davon möchte ich euch in diesem Beitrag mal zeigen.
Bildgestaltung: Der goldene Schnitt
Vielleicht ist das die wichtigste und bekannteste Regel für einen gescheiten Bildaufbau. Anfänger in der Fotografie neigen dazu, das Motiv in die Mitte des Bild zu setzen. Besser ist es aber, sich des goldenen Schnitts zu bedienen oder der Drittel Regel. Beim goldenen Schnitt wird das Bild aufgeteilt in ein Raster mit einem Seitenverhältnis von ungefähr 3:5. Beim der Drittel Regel wird das Bild einfach Bereiche von jeweils einem Drittel aufgeteilt.
Hier mal zwei Grafiken, die das besser erklären als ich das mit Worten machen kann.
Ziel sollt es nun sein, das Hauptmotiv an diesen Rasterlinien oder deren Schnittpunkten zu platzieren. Am besten nehmen wir mal ein Beispiel, um das zu verdeutlichen: Schauen wir uns mal diesen Reiter im Monument Valley an, einfach mittig drauf gehalten und abgedrückt:
Das ist schön und prima, aber leider auch strunzlangweilig. Und nun eine Aufnahme, unter Berücksichtigung des goldenen Schnitts:
Das wirkt wesentlich harmonischer und spannender als das erste Beispiel. Der Pferdekörper sitzt nun auf dem rechten, unteren Punkt des goldenen Schnitts. Der Reiter liegt auf der rechten Linie und schaut nach links, wo mehr Raum ist, um seinem Blick „zu folgen“. Ganz perfekt wäre es, wenn der Berg im Hintergrund auch noch auf der rechten Schnittlinie liegen würde. Wäre ich einfach 4-5 Schritte nach links gegangen, dann wäre das auch noch perfekt gewesen. Ihr seht, man findet immer was zum Meckern. Aber ich denke, die Aussage hier ist klar, schiebt die Hauptmotive raus aus der Bildmitte. Viele Kameras helfen euch dabei, in dem sie bereits im Sucher die Drittellinien oder die Linien des goldenen Schnitts anzeigen. Bei Landschaftsaufnahmen sollte man den Horizont ebenfalls immer auf die obere oder untere Linie des goldenen Schnitts legen. Will man mehr von der Landschaft zeigen, dann kommt der Horizont auf die obere Linie oder wie in folgenden Fall noch höher, da der obere Rand des Canyons auf der oberen Linie liegt.
Hat man aber einen tollen Wolkenhimmel, dann kann der Horizont auch mal auf die untere Linie des goldenen Schnitts legen und damit die Bildaussage auf den Himmel zu lenken.
Es gäbe auch noch die goldene Spirale, eine weitere Form der Bildgestaltung. Wenn ihr z.B. Lightroom nutzt, könnt ihr im Freistellungsmodus mit der Taste „O“ zwischen den einzelnen Methoden umschalten. Hier noch ein Bild mit der goldenen Spirale als Regel, die dünne, weiße Linie zeigt die Freistellungsüberlagerung aus Lightroom an:
Bildgestaltung: Ein gerader Horizont
Sehr wichtig ist es, das eure Bilder gerade sind. Es gab künstlerische Aspekte geben, ein Bild schräg oder schief zu zeigen. Das geht auch in Ordnung, aber wir reden hier ja über eure Urlaubsbilder. Und da ist es meistens doch schöner, wenn die Bilder ausgerichtet sind.
Ganz ehrlich, das ist doch nicht schön, oder? Leider bekommt man solche Bilder sehr oft zu sehen, auch wenn ich in dem obigen Beispiel ein wenig übertrieben habe. Gerade bei Aufnahmen vom Meer habe ich dann immer Angst, dass das Wasser rechts oder links aus dem Bild läuft. Nutzt auch hier einfach die Hilfslinien im Sucher der Kamera oder dreht die Bilder später mit der Bildbearbeitung gerade. Ich persönlich neige auch dazu, schiefe Bilder zu machen – warum auch immer – aber bei der Bearbeitung werden sie alle gerade gedreht. Und wenn man dann schon mal dabei ist, kann man auch die anderen Regeln mit ins Spiel bringen:
Hier ist das Bild gerade gedreht worden, der Horizont liegt auf der oberen Linie des goldenen Schnitts und eine Diagonale führt den Betrachter ins Bild. Direkt drei Regeln beachtet!
Bildgestaltung: Diagonalen nutzen
Diagonale Linien im Bild sind wunderbar dazu geeignet um den Betrachter und seinen Blick „in das Bild zu führen“. Wie bei dem obigen Bild die Straße den Blick zu den Bergen führt, kann man Diagonalen immer wieder einsetzten. Das Auge bleibt beim Betrachten des Bildes in Bewegung, es folgt den Diagonalen und macht das Foto somit spannend. Im Urlaub bieten sich für solche Diagonalen alle möglichen Motive an. Straßen, Flüsse oder Bäche, Muster in Steinen, Felsen oder der Landschaft. Wenn man die Augen aufhält findet man immer wieder Diagonalen. Diese nutzt man dann, um den Blick zu einem Motiv zu lenken oder die Diagonale bestimmt gar das ganze Bild.
Bei diesem Beispiel führt die diagonale Linie den Betrachter in das Bild, zu dem Baum der auf einer Linie des goldenen Schnitts liegt und der Felsöffnung auf der oberen Linie.
Bildgestaltung: Dem Bild Tiefe geben
Gerade bei Landschaftsaufnahmen fehlen den Bildern oft Tiefe. Bilder sind nun mal nur zweidimensional und können somit nur schwer die Tiefe einer Landschaft wieder geben. Mit einem einfachen Trick, lässt sich diese Tiefe allerdings erzeugen. Achtet darauf, ein Objekt im Vordergrund mit auf dem Bild zu haben. Das kann ein Felsen sein, ein Baum oder auch eine Person – was immer gerade vor euch rum steht. Durch dieses Objekt im Vordergrund bekommt der Betrachter des Bildes ein Verhältnis zur dahinter liegenden Szenerie. Am besten sieht man das wieder an einem Beispiel. Folgendes Bild stammt aus dem Canyonlands Nationalpark, wo man riesige Ebenen mit Canyons vor Augen hat.
Dem Betrachter fehlt aber der Bezug um die Dimensionen in dem Bild zu erfassen. Hier noch mal das gleiche Bild, mit einem Bezugspunkt.
Durch die Büsche und die Felsen im Vordergrund kann man sich die Weite der dahinter liegenden Ebene viel besser vorstellen. Nutzt daher diese Möglichkeit um den Bildern mehr Tiefe zu geben. Besonders, wenn ihr mit hohen Brennweiten fotografiert ist das notwendig. Das starke Zoomen staucht das Bild zweidimensional zusammen, die Tiefenwirkung des Bildes wird dabei immer schlechter.
Das Bild ist mit 250mm Brennweite aufgenommen. Aber trotzdem hat es eine Tiefe, die durch den Busch und die beiden Personen erzeugt wird. Der Betrachter hat einen Bezug zur dreidimensionalen, echten Welt.
Bildgestaltung: Tiefenschärfe – das Bokeh
Wenn man kleine oder größere Details in einem Bild zeigen möchte, sollte der Hintergrund im Bild nicht scharf sein. Diesen Effekt erreicht man mit einer kleinen Blendenzahl an der Kamera.
So wurde dieses Bild mit Blende 5.6 aufgenommen. In Verbindung mit der Belichtungszeit (1/200) ist der Kaktus im Vordergrund scharf und die Landschaft im Hintergrund unscharf. Damit ist das Hauptmotiv in dem Bild freigestellt und wird automatisch zum Hingucker in dem Foto.
Bildgestaltung ist kein Hexenwerk
Ihr seht, die Bildgestaltung ist kein Hexenwerk, nichts besonders geheimnisvolles. Mit diesen paar Tipps kann man schon tolle Bilder erzeugen, welche sich von der Masse der „normalen“ Urlaubsbilder abheben. Übrigens, so Regeln wie den Goldenen Schnitt, gibt es nicht erst seit der Erfindung der Fotografie. Geht mal in ein Museum und schaut euch mal alte Gemälde an. Auch da werdet ihr oft diese Regeln in der Anwendung wieder finden. Es gibt noch viele weitere Regeln, die aber teilweise für den Hobby- und Urlaubsfotografen zu weit führen würden. Für die ersten Schritte kommt man mit den genannten Regeln schon mal auf „den richtigen Kurs“. Jetzt noch das große aber! Nur durch die Einhaltung dieser Regeln macht nicht automatisch ein perfektes Bild. Aber die Kombination aus Licht, tollem Motiv, interessanter Perspektive und diesen Regeln bringt euer Foto nahe an die Perfektion. Macht aber auch weiter eure Urlaubsschnappschüsse. Auch diese haben ihre Daseinsberechtigung und können später sehr viel Freude bereiten. Mit diesen Beitrag nehmen wir jetzt an der Blogparade Fototipps bei Lichtreflexe teil. Dort findet ihr viele weitere gute Tipps rund um die Fotografie.
Habt ihr noch Fragen oder Anregungen zum Thema Bildgestaltung auf Reisen? Dann schreibt doch einfach einen Kommentar zu diesem Artikel.
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Wer schreibt hier?
Herr Tommi, 68er Jahrgang, aus dem schönen Mülheim an der Ruhr im Ruhrpott. IT-Mensch und Computer-Versteher, der gerne anderen Menschen aus der IT-Patsche hilft. Zusammen mit Frau Melli gerne auf Reisen in die weite Welt oder auf Fototour im schönen Ruhrpott anzutreffen. Bloggt seit 2009 mit großer Leidenschaft als Hobby auf dieser Seite. Dabei gibt es fast kein Thema, welches nicht angesprochen wird.
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20 Kommentare
Comments are closed.
Danke für die guten Tipps und Hinweise! Ich werde beim nächsten Mal dran denken, wenn ich die Kamera in der Hand habe. :o)
Dann will ich aber Ergebnisse sehen!
LG Thomas
Ja… das sind sie, die wichtigsten Punkte, die man für eine gute Bildgestaltung beachten sollte. Und manches Mal kann man sogar später, bei der Bearbeitung nocht etwas „retten“, ein Bild nach der Drittel-Regel oder dem goldenen Schnitt ausrichten.
Ein Hinweis fehlt mir noch (und den beachten in Zeiten von digitalem Zoomen leider viel zu wenige beim Fotografieren):
„Das beste Objektiv der Welt sind Deine Füße. Geh näher ran. Noch näher.“
Hi Ulrike,
jo! Das ist noch ein richtiger und wichtiger Hinweis.
LG Thomas
Hallo Thomas,
kann mich nur anschließen, sind gute Tipps. Das Bild mit dem Reiter und dem geänderten Fokus ist beeindruckend.
Viele Grüße
Claudia
Hallo Thomas,
finde besonders die anschaulichen Foto-Beispiele super! Mich würden nun noch die weiteren Regeln interessieren. :-)
Viele Grüße,
Carmen
Moin Carmen,
da gibt es noch weitere Dinge, z.B. Gegenlicht sinnvoll einsetzten, Sonnenauf- und Sonnenuntergänge, Blaue Stunde nutzen, SW-Fotos (ist aber heute mehr Bildbearbeitung), Effekte mit verschiedenen Blendeneinstellungen erzeugen, HDR Bilder erstellen usw. usf. – ich denke, da könnt noch einige Artikel raus erzeugen. Werde ich auch bestimmt noch machen.
LG Thomas
Interessante Tipps. Meine große Schwäche sind die schiefen Horizonte. aber da passe ich mittlerweile auf. Dann gibt es aber auch die Schatten, die ich beim Fotografieren einfach übersehe. auch nicht schön, wenn dann so ein dunkler Schatten sich ins Bild schleicht. ;)
Ich muss mal gucken: Hast Du schon war über das Fotografieren von Menschen geschrieben? Da bin ich mir immer ein wenig unsicher.
LG
Ulrike
Hi Ulrike,
ich mache immer schiefe Bilder und bin froh, das man diesen Fehler inzwischen sehr leicht mit der Fotobearbeitung beheben kann. Irgendwie habe ich einen Knick in der Optik. :-)
Beim Fotografieren von (fremden) Menschen tue ich mich auch immer sehr schwer. Ich glaube nicht, das ich da einen kompetenten Artikel zu schreiben kann.
LG Thomas
Vielen Dank für deine Tipps, die sind wirklich hilfreich. Von der „goldenen Spirale“ habe ich beispielsweise noch nie etwas gehört, das Beispielfoto hat’s mir aber sehr schnell klar gemacht.
Und auch ich muss den schiefen Horizont meistens korrigieren – da lob‘ ich mir die Bearbeitungssoftware. Scheint vielen Leuten so zu gehen, hihi~
Sehr gute und hilfreiche Tipps – und anschaulich anhand der Bilder dargestellt. Dinge, die jeder (Hobby-)Fotograf wissen sollte.
Viele Grüße und weiterhin viel Erfolg.
Hubert Baumann
P.S.: Der heutige Blog-Kommentiertag hat mich dazu animiert, doch mal wieder einen Gruß in Form eines Kommentars dazulassen. :-)
Hallo Thomas, vielen lieben Dank für Deinen Beitrag! Habe diesen gerade verlinkt.
Das sind wirklich tolle Tipps, die wirklich viel helfen können, wenn man sie beachtet.. :)
Liebe Grüße
Lea
LICHTREFLEXE
FACEBOOK
Hi Jennie,
dann bin ich mal auf Ergebnisse gespannt.
LG Thomas
Hallo Thomas,
bin über die Blogparade von Lichtreflexe hergekommen.
Ein sehr schöner Post, die wichtigsten Regeln zur Bildgestaltung sind kompakt dagestellt und mit sooo schönen Beispielbildern *-*
Da will ich gleich zurück in die USA!
Ich werde nun öfters auf deinem Blog vorbeischauen.
Liebe Grüße
Julia
http://www.gefluester2ride.blogspot.com
Hi Julia,
das freut mich, wenn es Dir hier gefällt. Und in den nächsten Tagen und Wochen gibt es zahlreiche neue Beiträge aus den USA.
LG Thomas
Hallo Thomas,
goldener Schnitt ist geläufig und versuche ich immer wieder mit zur berücksichtigen. Diagonalen zu nutzen oder Tiefe hört sich immer wieder leicht an, aber betrachte ich im Nachhinein ein Bild, fallen mir ab und an Fehler auf, die ich vor Ort dann gerne anders gemacht hätte. Ich frage mich dann speziell bei Städte- oder Landfschaftsaufnahmen, wann diese Abläufe so in Fleisch und Blut übergehen, bis man (ich) es automatisch umsetze?! Trotz dessen mir das Fotografieren so viel Spaß macht, finde ich es doof, das manches noch nicht so automatisiert abläuft, wie ich es mir wünschen würde. Danke, für Deine Anregungen und Tipps!
Viele Grüße aus dem Norden
André
Hallo André,
die Frage, wann das alles mal so richtig automatisch abläuft, die stelle ich mir auch ständig. Irgendwie freut es mich aber ein wenig, dass ein Profi wie Du ähnliche Gedanken hat – das beruhigt mich.
Auch das mir im Nachhinein noch bessere, schönere Perspektiven einfallen, kenne ich sehr gut. Dabei nehme ich mir schon immer viel Zeit, wandere um Motive auch mal herum, versuche mehrere Blickwinkel. Trotzdem denke ich oft zu Hause „hättest Du mal noch…“. Aber, ich sehe es positiv, es ist eine Motivation noch mal zum Motiv zu reisen. :-)
LG Thomas
Hallo Thomas,
das ist auch eine Option, beim nächsten Mal ein besseres Bild zu machen :) Also, noch mal hinzureisen. Und Profi, ich lerne, übe und versuche mich stetig weiterzuentwickeln. Fehlendes Talent versuche ich mit Fleiß und Ehrgeiz auszugleichen :) Bis zum Profi dauert es noch etwas.
LG André