
Knigge für Zoo-Fotografen
Ein Knigge für Zoo-Fotografen? Hinweise für den Umgang mit Menschen (und Tieren), Tipps für richtige Umgangsformen und Hinweise für unerwünschte Verhaltensformen? Ist so etwas nötig, muss so ein Beitrag geschrieben werden?
Ja, es wird Zeit. Denn im Laufe der Jahre habe ich so viele Dinge in Zoos gesehen, die mich erschüttert haben. Und da es jetzt wieder wärmer wird, ein Besuch im Zoo für viele Menschen wieder angenehmer wird, wird es Zeit für einen kleinen Beitrag dazu.
Dabei lasse ich die Dinge, die ich von normalen Besuchern gesehen habe, mal ganz außen vor, obwohl es hier eine große Schnittmenge beim Verhalten gibt. Alle nachfolgenden Punkte beziehen sich ausdrücklich darauf, was ich bei ambitionierten Tierfotografen gesehen haben.
Knigge für Zoo-Fotografen? Muss das sein?
Zoo-Fotografen sind doch tierliebende Menschen, welche sich immer zum Wohle des Zoos und seiner Einwohner verhalten. Bei den meisten Zoo-Fotografen ist das auch so. Leider treffe ich aber immer wieder auf einzelne Fotografen, bei deren Verhalten man nur die Hände über den Kopf zusammenschlagen kann.
Ich will hier sicher nicht den Oberlehrer heraushängen lassen. Aber vielleicht schaffe ich es, den ein oder anderen übermotivierten Zoo-Fotografen mal zum Nachdenken anzuregen.
Knigge für Zoo-Fotografen
Müll gehört in die Mülleimer
Ich fange mal mit einem Basic an, was aber bedauerlicherweise notwendig ist. Müll gehört in den Mülleimer, und die gibt es in jedem Zoo sehr zahlreich. Da muss man die Müsli-Packung mal drei Meter fuffzig weit tragen.
Auch Zigaretten-Kippen müssen nicht auf dem Boden entsorgt werden. Ich war selbst Raucher, von mir werdet ihr keine Kippe auf dem Boden eines Zoos entdecken. Einfach ausmachen und dann im Müll entsorgen, das kann doch nicht so schwer sein.
Rauchen und Dampfen
Ich habe selbst jahrzehntelang geraucht und dampfe nun seit einiger Zeit. Das kann man im Zoo ganz wunderbar abseits von Menschenmassen, vor einem Gehege, machen. Einfach mal irgendwo an den Rand stellen und keine anderen Menschen mit seinem Rauch/Dampf belästigen. Das ist nicht schwer, tut nicht weh und man hat ein wenig Zeit zum Entspannen.
Macht Platz für andere Besucher
Es gibt viele Gründe dafür, einen Zoo zu betreiben. Wissenschaftliche Arbeit, Bildungsauftrag und Arterhaltung sind ein paar Beispiele dafür (Nein, ich diskutiere das nicht). Ein Zoo wird aber nicht betrieben, um in erster Linie irgendwelchen Zoo-Fotografen schöne Fotos zu ermöglichen. Auch wenn man als hart gesottener Zoo-Fotograf es sich kaum vorstellen kann, wir Tierfotografen sind nur eine kleine, sehr kleine Minderheit der Zoobesucher.
Daher haben Zoo-Fotografen auch kein Anrecht auf die erste Reihe an einem Gehege oder einen besonders schönen Fotopunkt im Zoo. Andere Besucher, insbesondere auch Kinder, dürfen ebenfalls dort stehen.
Blockiert also nicht dauerhaft die schönsten Stellen, auch nicht mit Euren Handkarren voller Ausrüstung. Andere dürfen auch mal dort stehen und mit den riesigen Teleobjektiven können wir Zoo-Fotografen auch aus der zweiten oder dritten Reihe schöne Fotos machen.
Auch in einer Flugshow müsst Ihr nicht die erste Reihe belagern. Bei den Brennweiten Eurer Kameras kommt es doch auf 10 Meter mehr Entfernung nicht an.
Nicht an Scheiben klopfen oder an Gittern rütteln
Es wird nicht an Scheiben geklopft oder an Gittern gerüttelt, um die Aufmerksamkeit der Tiere auf sich zu ziehen. Das klappt in der Regel sowieso nicht. Und ja, das muss in einem Beitrag für Zoo-Fotografen erwähnt werden. Man kann es kaum glauben, aber es kommt einfach viel zu häufig vor.
Gitter – ein Ärgernis, welches man hinnehmen muss
Gitter sind oft doof zum Fotografieren. Das gilt ganz besonders für helle, spiegelnde Gitter oder wenn man nicht nah genug ran kommt, um es per Blendeneinstellung auszublenden.
Dumme Ideen, in Verbindung mit Gittern, sind dann folgende: Die Kamera durch das Gitter stecken (ganz besonders bei Raubtieren (ja, das muss ich erwähnen)), Gitter auseinanderzubiegen oder über Abgrenzungen zu klettern, um näher an das Gitter heranzukommen. Wie zuvor erwähnt, komme ich oft aus dem Kopfschütteln nicht mehr raus.
Nichts in die Gehege werfen!
Glaubt mir, als ich das gesehen habe, bin ich fast vom Glauben abgefallen. Da wurden Steinchen in Bärengehege geworfen, um dort eine Bärin zur Bewegung zu animieren. Und das nicht von irgendwelchen kleinen, verzogenen Kindern. Nein, erwachsene Menschen, mit tausenden von Euro schweren Fotoausrüstungen um den Hals.
Vermutlich stehen die auch darauf, mit Steinchen beworfen zu werden, wenn sie zu Hause im Garten in der Hängematte liegen. Nun, der Nachbar will halt schöne Fotos machen.
Die Tiere wollen gelegentlich mal ihre Ruhe haben. Moderne Zoos bieten daher, Gott sei Dank, genug Möglichkeiten, dass die Tiere sich mal zurückziehen können und dann nur teilweise oder gar nicht zu sehen sind. Dann ist das halt so. Kommt später wieder oder geht mal ohne ein Foto von Tier X nach Hause. Die Welt dreht sich dann weiter.
Tiere nicht füttern – wo es nicht ausdrücklich erlaubt ist
Tiere in Zoos werden nicht gefüttert, außer in Bereichen, wo es ausdrücklich erlaubt ist. Und dort wird auch nur das Futter verwendet, das man dort im Zoo kaufen kann.
Nein, Gummibärchen sind nicht dafür gedacht, in einem Safari-Park Nashörner näher ans Auto zu locken. Genauso wenig sind Chips dafür geeignet, Affen im Freigehege näher heranzulocken. Ja, auch diese beiden Hinweise haben ihre Begründung in eigenen Beobachtungen. Fahrt mal durch einen Safari-Park und achtet mal darauf, was gelegentlich aus den geöffneten Fenstern der Autos fliegt. Dass es im Löwengehege keine Koteletts sind, ist dabei noch die positive Beobachtung.
Ihr habt kein Anrecht darauf erworben, alle Tiere immer zu sehen
Nein, mit der Entrichtung des Eintrittsgeldes habt Ihr kein Recht erworben, immer alle Tiere in perfekter Pose zu sehen.
Auch hier ist es verwunderlich, dass man das einigen (wenigen) erfahrenen Zoo-Fotografen erzählen muss. Man sollte doch froh sein, dass die Zeit der engen, kleinen Gehege vorbei ist, dass die Tiere auch ihre Rückzugsorte haben, wo sie mal ihre Ruhe haben.
Nein, es wird geflucht wie ein Hafenarbeiter, dass Tier XY nicht in feinstem Licht zu fotografieren ist – da ist manchmal Fremdschämen angesagt. Meine Güte, dann halt beim nächsten Besuch wieder. Gerade wir Zoo-Fotografen, die fast jede Woche in irgendeinen Zoo rennen, können den Verlust eines Bildes von Tier XY sicherlich irgendwie verschmerzen, oder?
Autofenster im Safari-Park bleiben geschlossen
Safari-Parks, die man selbst mit dem Auto durchfahren kann, bieten oft tolle Eindrücke, hautnah zu den Tieren. Auf vielen Routen durch diese Parks fährt man durch Gehege, wo Raubtiere leben. Bären, Löwen, Tiger und andere Tiere, die in Euch bestenfalls ignorieren, oder als Mittagessen sehen.
In diesen Bereichen bleiben die Fenster und Türen am Auto geschlossen. Ja, es ist teilweise mühsam, im Auto mit geschlossenem Fenster und dem langen Teleobjektiv zu fotografieren. Mit ein wenig Übung geht das aber prima. Und vorher die Scheiben putzen, ist auch keine schlechte Idee.
Auf jeden Fall eine bessere Idee, als im Tigerbereich die Linsen rauszuhalten und dann noch zu diskutieren, wenn der Ranger einen aus seinem Jeep heraus zusammenstaucht. Wisst Ihr, warum der das macht? Der hat keine Lust, die Sauerei aufzuwischen. Und schlechte Presse für den Park gibt es auch noch, die Tiere verderben sich den Magen und die Schreierei ist nervig.
Nicht Blitzen!
Im Zoo wird nicht geblitzt. Punkt. Aus.
Ja, am Wochenende ist es voll im Zoo!
Oft, sehr oft höre ich, gerade von gestandenen Zoo-Fotografen, das Gejammer über volle Zoos am Wochenende. Oft mit einem überraschten Unterton, als wenn das jetzt verwunderlich wäre.
Ja, am Wochenende ist es voll im Zoo. Denn wie oben geschrieben, Zoos sind für alle Menschen da und dienen nicht der Belustigung von ein paar Fotografen. Und die Mehrheit der Menschen hat oft nur am Wochenende Zeit für einen schönen Zoobesuch.
Wenn Euch das stört, dann geht unter der Woche in die Zoos. Nachmittags nach der Arbeit, vormittags vor der Spätschicht, dann ist es wunderbar leer. Auch am Wochenende, früh am Morgen, ist es oft noch angenehm leer in den Zoos.
„Normale Fotograf:innen sind keine Belustigungsobjekte
Wenn der Papa oder die Mama mit 50mm im Zoo fotografiert, dann können dabei trotzdem wunderbare Fotos rauskommen. Das gilt auch für Smartphone-Fotos. Wer das nicht glaubt, der kann mal bei Frau Melli in Lehre gehen.
Daher gibt es überhaupt keinen Grund, sich über diese normalen Menschen lustig zu machen. Nicht jeder macht jede Woche das perfekte Tierfoto und investiert dafür tausende Euro in die Ausrüstung. Da geht es doch einfach um ein paar schöne Erinnerungen an einen, hoffentlich gelungenen, Zoobesuch.
Und wenn einem Fehler beim Fotografieren auffallen, wenn so ein „Normalo“ neben einem steht, einfach ansprechen und freundlich zwei, drei Tipps geben (ohne den Oberlehrer heraushängen zu lassen). Aus eigener Erfahrung sind die meisten Menschen dann sehr, sehr dankbar. Viele wissen z.B. gar nicht, dass und wie sie den Blitz an ihrer Kamera ausschalten können.
Veröffentlichen von Fotos
Erstens, es dürfen nicht aus allen Zoos die Fotos im Netz veröffentlicht werden. Macht Euch vorher schlau, wie die Bedingungen im besuchten Zoo sind. Zweitens, auf den Fotos dürfen keine anderen Besucher zu sehen sein, und vor allem keine Kinder. Wenn es nicht anders geht, dann schwärzt zumindest die Gesichter auf den Fotos.
Fazit: Mehr Respekt vor den Zoos, den anderen Besuchern und den Tieren
Wie zuvor erwähnt, von den Zoo-Fotografen sieht man die oben genannten Unsitten relativ selten, man sieht sie aber. Hier wünsche ich mir einfach mehr Respekt gegenüber den Zoos, den anderen Besuchern und den Tieren. Ok, das mit dem Respekt gegenüber anderen Menschen ist aktuell eh so eine Sache. Aber unter Zoofreunden, egal ob „normale“ Besucher oder Fotografen, sollte doch ein Miteinander herrschen und kein Gegeneinander.
Für viele normale Besucher in den Zoos sind wir mit unseren riesigen Kameras und Objektiven so was wie „Profi-Zoobesucher“.
Eigentlich sollten deshalb mit gutem Beispiel vorangehen und den Gelegenheitsbesuchern im Zoo zeigen, wie es richtig geht. Denn gerade das Klopfen an Scheiben oder das Werfen von Gegenständen in Gehege sieht man von vielen anderen Besuchern viel zu oft. Wenn „wir“ das dann noch vormachen, fühlen diese Menschen sich noch bestätigt.
Disclaimer vorab: Sollte sich nun irgendein Zoo-Fotograf angegriffen fühlen, dann kann ich nur den Schuh anbieten, der offensichtlich passt. Wenn es so ist, dann hoffe ich, dass ich ein wenig zum Nachdenken angeregt habe.
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Schon traurig, dass man solche Selbstverständlichkeiten erwähnen muss.
Finde ich auch. Eigentlich sollte das alles selbstverständlich sein.
Danke für diesen bemerkenswertesten Artikel, auf den ich sicherlich bei Bedarf nochmals zurückkomme. Zum Glück konnte ich ihn in meine Leseliste aufnehmen.
Gruß Frank
Bei Bedarf ausdrucken und einigen Leuten auf die Stirn kleben.
Sehr schöne Bilder, wirklich!
Leider gibt es in Freizeit-Parks immer Idioten, die meinen, den Park für sich allein gepachtet zu haben.
Die Ort sind ja auch nur ein Spiegelbild unserer Gesellschaft.
Ein leichtes grinsen… oder ein entsetztes Kopfschütteln…
Gesunder Menschenverstand, würde man sagen, ist aber oft nicht so.
Deshalb, gut geschrieben und ist bestimmt notwendig…
Jo, das mit dem normalen Verstand ist aktuell häufig ein wenig beeinträchtig.
Schon traurig, dass man solche Hinweise geben muss, die doch eigentlich gesunder Menschenverstand sind. Wie war das noch gleich? „Manche Menschen wären mit zwei Gehirnen auch nicht schlauer, sondern nur doppelt so blöd“…
*Gröhl*… der letzte Teil war gut!
Man kann das mit dem Respekt doch mal versuchen, tut auch gar nicht weh.
Der Satz ist gut, den merke ich mir.