Digitale Achtsamkeit – wie gehe ich mit der Informationsflut um?
Martina Klinkowski hat eine Blogparade zum Thema „Digitale Achtsamkeit“ gestartet. Da nehme ich gerne dran teil, da ich in den letzten Jahren oft kurz davor stand, von Informationen erschlagen zu werden. Überall in der modernen digitalen Welt wird man mit Nachrichten, Push-Informationen oder irgendwelchen Pings vom Handy getriggert. Irgendwann wurde es mir zu viel und ich habe angefangen aufzuräumen. Dabei muss ich natürlich ein wenig zwischen beruflicher Tätigkeit und meinem Verhalten als Privatperson trennen. Zu Letzterem gehört auch mein „Leben“ als Blogger, da dieser hier ein Hobby ist.
Welche praktischen Methoden helfen dir, die tägliche Informationsflut zu bewältigen?
Privat: Die wichtigste Maßnahme war, die Informationsflut einzudämmen und mich von einigen Plattformen komplett zurückzuziehen. Facebook, Twitter, Instagram sind bei mir komplett von allen Geräten verschwunden. Geblieben ist Mastodon als Social Media und mein Blog hier. Dazu schaue ich noch einmal am Tag in die Nachrichten, entweder am Smartphone oder, ganz klassisch, am Abend in linearen Fernsehen. Das reicht mir vollkommen aus. Wichtiges bekomme ich so mit. Was ich auf dem Wege nicht mitbekomme, ist auch nicht wichtig sondern nur Ballast für die eigenen Nerven.
Beruflich: Hier habe ich mit Social Medias recht wenig am Hut, somit bin ich dort gar nicht vertreten. Hier kommen die Informationen hauptsächlich per Mail und über verschiedene Systeme (Ticket-System, Netzwerk-Monitoring, usw.) in meine Aufmerksamkeit.
Wie setzt du bewusst Grenzen in deiner digitalen Kommunikation, ohne wichtige Verbindungen zu verlieren?
Privat: Zum einen bin ich nicht mehr per Messenger erreichbar. Wer mich erreichen will, kann verschiedene E-Mail-Adressen, Telefonnummern, Kommentare auf dem Blog oder private Mentions bei Mastodon nutzen. Wer mir persönlich bekannt ist, kenn diese Kanäle und weiß, dass ich bei WA und Co nicht zu finden bin. Die zweite Grenze ist, alle Push-Dienste abgeschaltet zu haben. Ich sehe nicht, ob ich neue Mails habe, ich sehe nicht ob es neue Beiträge bei Mastodon gibt. Ich lasse mich überraschen, wenn ich dort hineinschaue.
Beruflich: Dort gibt es ein System, das mir recht penetrant Pushnachrichten und Hinweise senden darf: das Ticket-System. Was da hineinkommt, kann wirklich wichtig sein. Alles andere, auch Mails, sendet keinen Push und zeigt auch keine Hinweise auf neue Elemente an. Mails schaue ich mir alle 1-2 Stunden an, während der Arbeitszeit. Dazwischen ist das Mailprogramm geschlossen, wenn ich nicht auf eine wichtige Mail warte.
Diese Maßnahmen haben bei mir zu einer enormen Entspannung geführt. Nicht mehr ständig diese Hinweise auf neue Elemente zu sehen, es pingt nicht mehr konstant und es poppen nicht pausenlos Hinweise auf. Denn diese haben mich immer getriggert. Ich konnte die ganzen Hinweise nur schwer ignorieren und unbeachtet lassen.
Welche Tools oder Systeme nutzt du, um Informationen zu filtern und zu priorisieren?
Privat: Gerade in den Social Medias bin ich inzwischen ein Freund der Stummschaltung geworden. Mein primäres Ziel sind dabei Hashtags. So können Themen, die mich nicht interessieren oder aufregen, ausgeblendet werden. Das funktioniert aber auch ganz prima, wenn wieder eine aktuelle Sau durch das Empörungs-Dorf getrieben wird. Hashtags muten und die Welt ist ein wenig entspannter.
Beruf: Im beruflichen Umfeld gibt es zwei Medien für mich. Einmal die Mails und unser Support-Ticket-System. Bei letzteren können wir die Tickets priorisieren und einem Kollegen (oder mir) zur Bearbeitung zuordnen. Früher war ich gegen so ein System. Mittlerweile möchte ich es nicht mehr missen. Es hilft enorm dabei, Dinge nach Wichtigkeit zu sortieren und an andere abzugeben, welche in bestimmten Bereichen viel mehr Wissen mitbringen. Ich lasse mir dann im System auch nur noch meine Tickets anzeigen, mit den anderen beschäftige ich mich nicht.
Der zweite Kanal sind berufliche Mails. Neben der Tatsache, dass ich da nur noch alle 1-2 Stunden hineinschaue, arbeite ich hier auch nach einem strengen System. Viele Mails dienen nur der Information. Diese werden nach Erledigung als gelesen markiert und verschwinden damit aus meinem Posteingang. Andere benötigen Antworten oder Zuarbeiten von mir. Diese werden entweder sofort erledigt, wenn es nur Kleinigkeiten sind oder entsprechend mit Termin markiert. Somit wandern sie in meine To-do-Liste, schön sortiert nach Prioritäten.
Wie wirkt sich digitale Achtsamkeit auf deine Kreativität und Produktivität aus?
Durch die fehlende Ablenkung von andauernden Push-Mitteilungen bin ich deutlich produktiver geworden. Denn ich konnte sie nur selten ignorieren, sie haben mich getriggert. Wenigstens einmal kurz nachschauen, ach und noch eine Nachricht und da, eine Mail. Und schnell war eine Stunde vorbei, in der man alles andere als produktiv war. Nach dem Abschalten des ganzen Push-Gedöns ist meine Arbeit deutlich produktiver und stressfreier geworden.
Wie schaffst du es, zwischen wichtigen und unwichtigen Informationen zu unterscheiden?
Beruflich: In meinem Job bringen über 30 Jahre Erfahrung den Vorteil mit sich, dass man plötzlich zwischen wichtig (Alarm) und weniger wichtig (aggressives Abwarten ist angesagt) unterscheiden kann. Klar, Systemmeldungen, die einen sterbenden Server vermuten lassen, werden eher nicht liegengelassen. Aber bei vielen anderen Meldungen habe ich ein Bauchgefühl entwickelt, welches fast nie falsch liegt. Ich könnte die Kriterien jetzt gar nicht im Detail beschreiben, es funktioniert aber.
Privat: Im Privaten sehe ich das noch gelassener. Hier gibt es keinerlei wirklich wichtige Mails oder Social-Media-Beiträge. Was wirklich dringend ist, Notfälle in der Familie oder so, kommt per Telefon.
Woran merkst du, dass die Informationsflut dich überwältigt, und was tust du dann?
Trotz dieser Maßnahmen, die den Umgang mit so vielen Informationen bereits vereinfacht und verschlankt haben, gibt es tatsächlich Tage, wo es mir zu viel wird. Ich merke das schnell, wenn ich unkonzentriert werde, schnell den Fokus auf eine Tätigkeit verliere oder gar in der Nacht schlecht schlafe. Dann wird es wieder Zeit, den Informations-Konsum weiter herunterzuregeln.
Ich verzichte in solchen Phasen im privaten Umfeld auf sämtlichen Konsum von Social Medias und Nachrichten. Lieber kümmere ich mich dann mit schönen Dingen, gehe Radfahren oder mit der Frau auswärts irgendwo einen Kaffee trinken.
Beruflich ist das natürlich schwierig. Es ist nun mal mein Job, erreichbar zu sein und mich um anfallende Probleme zu kümmern und ein Auge auf wichtige Systeme zu haben. Hier rettet mich dann das Wochenende und der Urlaub.
Herr Tommi
Herr Tommi, 68er Jahrgang, aus dem schönen Mülheim an der Ruhr im Ruhrpott. IT-Mensch und Computer-Versteher. Zusammen mit Frau Melli gerne auf Reisen in die weite Welt, auf dem Rad, am Spieltisch oder auf Fototour im schönen Ruhrpott anzutreffen. Bloggt seit 2007 mit großer Leidenschaft als Hobby.
Kommentarbereich
Tommi, das Abschalten von Push-Benachrichtigungen habe ich bereits länger optimiert, weniger ist für mich mehr.
Gruß Frank
Das Abschalten hat eine enorme „Entlastung“ gebracht.
Ich habe auch fast alles was mich benachrichtigen könnte aus, viel entspannter.
Yep, damit nimmt man jede Mense „Muss-ich-mal-eben-schauen“-Druck raus.
Lieber Tommi, das klingt, also würdest du sehr gut für dich sorgen und das ist einfach schön zu lesen! Liebe Grüße, Astrid